Evelyn Finger, Hanns-Bruno Kammertöns (DIE ZEIT): Das Dämonische kommt durch alle Ritzen

Was ist entlastender, die Beichte oder die Psychotherapie? Lässt sich Schuld durch Reden sühnen?

Ein Gespräch mit einer Psychoanalytikerin und einem Pfarrer

DIE ZEIT: Herr Pfarrer, können Sie uns einen Grund nennen, in diesen Tagen in die katholische Kirche einzutreten?
Johannes zu Eltz: Christus ist derselbe: gestern, heute und in Ewigkeit. Ich bin nicht wegen der Kirche in der Kirche, auch nicht wegen ihrer Pfarrer, die kommen und gehen, sondern wegen der andauernden Begegnung mit Gott. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass wir Skandale haben, die die Botschaft verdunkeln.

DIE ZEIT: Wenn es um Gott geht, warum brauche ich dann die Amtskirche?
Zu Eltz: Weil ich Gott so verstanden habe, dass er den Menschen in der Kirche und in ihrer weltlichen Angreifbarkeit begegnen möchte. Gott ist Mensch geworden. Das ist unsere große Herausforderung.

DIE ZEIT: Wenn Sie das hören, Frau Professor, können Sie damit etwas anfangen?
Marianne Leuzinger-Bohleber: Wir sitzen mit der Theologie, was den Zeitgeist anbelangt, in mancher Hinsicht im gleichen Boot. Es geht dem Seelsorger und dem Psychoanalytiker darum, menschliches Leiden zu verstehen. Dies verbindet uns in einer Zeit, in der die empirische Messbarkeit auch von seelischen Phänomenen so sehr in den Vordergrund gerückt ist. Von der Kirche als Institution verstehe ich nichts, aber als Therapeutin interessiert mich das Gespräch über die missbrauchten Kinder.

DIE ZEIT: Warum kommen Menschen zu Ihnen? Geht es immer um Ängste, um Schuldgefühle?
Leuzinger-Bohleber: Zu uns kommen die Menschen erst, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Sich einzugestehen, dass man ein seelisches Leiden hat, ist immer noch eine große Hürde. Wir führen zurzeit eine Studie über chronische Depressionen durch. Im Jahr 2020, so sagt es die Weltgesundheitsorganisation voraus, wird Depression die zweithäufigste Volkskrankheit sein. Wenn die Patienten schon bei der ersten depressiven Krise, die sie nicht selber bewältigen können, zum Seelsorger oder zum Therapeuten gingen, käme es nicht zu solchen Chronifizierungen. Ich würde Ihnen gern eine positivere Botschaft geben, aber nicht das Glück führt die Menschen zu uns, sondern das Leiden.
Zu Eltz: Das gibt es bei uns auch. Ich bin Pfarrer in einer Beichtkirche, und in jeder Beichte geht es um Sorgen, Leiden. Eigentlich kommen die Menschen in die Kirche, weil sie glauben. Das ist ein Grund zur Freude. Da liegt der Unterschied zur Psychotherapie. Aber auch wir trösten Traurige, helfen in der Not und vergeben im Namen Gottes Sünden.

DIE ZEIT: Eine persönliche Frage an die Fachfrau: Meistern Sie das Leben leichter als andere, wissen Sie, wie man das Glück festhält?
Leuzinger-Bohleber: Mit dem Glück ist das so eine Sache. Seelische Gesundheit hängt davon ab, ob man die ganze Palette von Gefühlen je nach Lebenssituation empfinden kann. Wenn Sie einen nahen Verwandten verloren haben, dann empfinden Sie tiefe Trauer. Aber es gibt Menschen, die können keine Trauer empfinden, sondern nur Depression. Andere können kein Glück empfinden, obschon sie etwas Schönes erleben. Uns geht es darum, das eingeschränkte Spektrum des seelischen Lebens wieder zu erweitern. Ich hoffe schon, dass die Therapeuten selber ein kleines bisschen fähiger sind, ihr Leben und ihre Beziehungen zu gestalten und auftauchende Konflikte konstruktiv zu lösen. Eine andere Kategorie Mensch sind wir aber nicht, wir haben uns nur professionell mit der Entstehung von menschlichem Leiden beschäftigt. Doch auch wir haben unsere Lebenskrisen. Allerdings kann man von einem gut ausgebildeten Therapeuten erwarten, dass er seine Krisen selbst bewältigt und nicht seine Patienten oder seine Kinder missbrauchen muss, um aus der Not herauszufinden. Wichtig ist ein einigermaßen befriedigendes Privatleben. Das ist eine wichtige Quelle von Entspannung und ein Gegengewicht. Wir haben aber kein transzendentales System, aus dem wir Kraft schöpfen können.

DIE ZEIT: Herr Pfarrer, was ist die Quelle Ihrer Kraft, einmal abgesehen von Gott?
Zu Eltz: Ich möchte Gott nicht einfach so links liegen lassen und über ihn hinausformulieren, als wäre er nur die Voraussetzung, um dann über die wirklich interessanten Dinge zu sprechen. Alle meine Anfänge und Enden sind bei Gott. Aber das heißt nicht, dass ich mich von menschlichen Beziehungen wegorganisiere. Ich finde es nicht gottlos, Sport zu machen oder spazieren zu gehen. Ich habe Freunde, mit denen ich alles außerhalb des Beichtgeheimnisses besprechen kann. Innerhalb davon muss mir Gott helfen. Das Böse, das mir beim Beichten begegnet, kann ich nicht alleine bewältigen. Ich muss mich ganz professionell entlasten, das heißt: Ich reiche das, wovor mir graut, an Gott weiter. Denn ich lebe in der Vorstellung, dass Christus dadurch Schuld vergibt, dass er sie an sich zieht und ans Kreuz heftet. Sonst müsste ich ersticken an den Dingen, die mir anvertraut werden.

DIE ZEIT: Hat jede Zeit andere Geheimnisse, anderen Kummer?
Zu Eltz: Ich habe mit Männern gesprochen, die im Krieg waren - über das, was sie erlebt haben, haben sie jahrzehntelang geschwiegen. Bevor sie sterben, drängen sich dann fürchterliche Erinnerungen auf, Spätfolgen des Zweiten Weltkriegs. Alte reden anders als Junge, Männer anders als Frauen.

DIE ZEIT: Wie reden Männer?
Zu Eltz: Immer schön sachlich. Denen darf ich nicht sagen, nun kommen Sie mal zu Ihren psychischen Problemen. Männer erzählen oft Geschichten, bei denen ich zunächst gar nicht erkenne, wo der Schuh drückt. Es hilft, wenn ich ihnen sage, dass auch ich zur Beichte gehe, dass ich kein Richter bin, der das Beichten nicht nötig hat.
Leuzinger-Bohleber: Wir begegnen in der Praxis ähnlichen Phänomenen, den schweren Traumatisierungen der Kriegskinder, die Sie erwähnt haben. Mit Wucht kam dieses Thema in den neunziger Jahren zum Vorschein. Es ist beeindruckend, dass es 60 Jahre dauerte, bis auch diese Seite der zivilisatorischen Katastrophe des Zweiten Weltkriegs ein öffentliches Thema werden konnte. Zu uns kommen immer wieder Menschen, die zuvor versucht haben, bei einem Seelsorger Entlastung zu finden. Aber erst durch die Therapie gelingt es ihnen, die schweren Traumatisierungen zu verstehen, zu verarbeiten und nicht an die nächste Generation weiterzugeben. Die traumatische Erfahrung der Flucht, die Angst vor den Bomben und die Erinnerung an andere schreckliche Ereignisse werden von den Opfern bis ins hohe Alter wieder und wieder erlebt. Um dies zu heilen oder wenigstens zu lindern, dafür ist zuweilen professionelle Hilfe notwendig. Ein Beispiel: Eine Patientin litt unter furchtbaren Albträumen und Geruchshalluzinationen. Erst in der Therapie stellte sich heraus, dass dies echte Erinnerungen waren, nämlich an ein zerbombtes Haus, in dem sie verschüttet gewesen war. Als kleines Kind musste die Patientin miterleben, wie ihre Großeltern dort verbrannten. Durch die Therapie konnte der Sinn der Halluzinationen verstanden werden. Sie sind zwar dadurch nicht ganz verschwunden, aber die Frau weiß heute, dass sie nicht verrückt ist, sondern dass diese Symptome Zeichen ihrer eigenen Geschichte sind.

DIE ZEIT: Ist die Beichte auch ein heilendes Gespräch oder nur Absolution?
Zu Eltz: In erster Linie geht es um Absolution von Sünden, die der Beichtende bekennt. Wenn ich am Samstag mehrere Beichten in einer Stunde höre, muss das seelsorgerliche Gespräch außerhalb der Beichte stattfinden. Wenn kranke oder gestörte Menschen zu mir kommen, dann bin ich vorsichtig. Es mehren sich die Fälle, in denen Leute behaupten, dass sie besessen seien. Sie kommen oft mit einer robusten Selbstdiagnose zu mir und wollen, dass ich geistliche Mittel anwende. Besessenheit hat Konjunktur.

DIE ZEIT: Besessen von wem?
Zu Eltz: Vom Teufel. Das sind Grenzbereiche von Krankheiten und geistlichen Nöten, bei denen wir interdisziplinär arbeiten müssten. Manche kommen schon vom Psychiater und gelten als austherapiert. Heute kommt das Dämonische durch alle Ritzen. Das hat auch mit Horrorfilmen und Computerspielen zu tun.

DIE ZEIT: Es liegt also an den Medien?
Zu Eltz: Durch die Medien ist eine neue Offenheit entstanden: Man kann heute behaupten, dass man unkörperlichen Wesen begegne, ohne sich damit lächerlich zu machen. Beichtende sagen mir, ein Dämon sei in sie eingedrungen, und sie erwarten mit Recht, dass ich nicht erwidere: Du spinnst!

DIE ZEIT: Liegt es Ihnen trotzdem manchmal auf der Zunge?
Zu Eltz: Nein, weil das wirklich arme Teufel sind. Gehetzt von den Furien, die sie mir beschreiben.

DIE ZEIT: Frau Professor, was sind die tieferen Ursachen für den Missbrauch durch Geistliche und Lehrer, der jetzt nach vielen Jahren bekannt wird?

Leuzinger-Bohleber: Tragischerweise hat sich die Reformpädagogik, die als Reaktion auf einen inhumanen Autoritarismus entstand, in manchen Institutionen zu einem geschlossenen System entwickelt, in dem keine gesunde Kontrolle von außen mehr stattfand. Es ist fast ein Wiederholungsgeschehen. Man hat gegen die zu harten, inhumanen Grenzen im Umgang mit Kindern gekämpft und später die Sensibilität für notwendige, humane Grenzen zwischen den Generationen verloren.

DIE ZEIT: Herr Pfarrer, haben Sie es für möglich gehalten, was Ihre Glaubensbrüder Kindern angetan haben?
Zu Eltz: Ja, leider. Manche Mitbrüder hatten selber eine schlimme Kindheit und wurden Opfer von Gewalt. Da bietet sich die Kirche an als ein Ort, wo alle diese Dinge nicht mehr vorkommen. Aber dann stellen sich Wiederholungszwänge ein. Wenn außerdem noch institutionelle Versuchungen hinzukommen, dass also den Autoritäten eher geglaubt wird als den Opfern, deren Signale oft ganz schwach und leise sind - ja, dann kann so etwas passieren. Ich habe den Eindruck, es ist schon immer passiert. Das reicht weit zurück.

DIE ZEIT: Schämen Sie sich?
Zu Eltz: Ja, ich schäme mich und bin sehr unglücklich. Aber ich bin auch froh, dass die Wahrheit jetzt ans Licht kommt. Wir müssen durch einen Feuersturm hindurch, damit das nicht von vorne losgeht. Diese Schweigespirale und die organisierte Vertuschung wird es nicht mehr geben. Darin liegt jetzt die Chance einer Läuterung. Im Evangelium findet sich der Schlüssel für Kritik und Überwindung. Dort steht auch: Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Anlass zur Sünde wird, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er im Meer versenkt würde.

DIE ZEIT: Das missbrauchte Kind ist auch ein Sünder? Ist das nicht brutal, ist das nicht zum Verzweifeln?
Zu Eltz: Missbrauchsopfer sind nicht schuld an ihrem Unglück. Die Täter sind schuld. Das muss man immer wieder ganz klar sagen. Aber die Opfer sind nicht außerhalb der condition humaine. Ohne Gottes Gnade kommt niemand zurecht, auch der Unschuldige nicht. In diesem Sinne sind wir alle Sünder, nicht nur die Täter. Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen.

DIE ZEIT: Übersteigt Ihr Beruf die menschlichen Kräfte?
Zu Eltz: Dieser Beruf ist eine strukturelle Überforderung, und es gibt niemanden, der grundsätzlich gegen alles gefeit wäre. Je weniger Männer Priester werden wollen, desto genauer muss man bei der Auswahl hinschauen. Man darf nicht in Panik geraten und alle weihen, die nicht bei drei auf dem Baum sind.
Leuzinger-Bohleber: Ich finde es richtig, wenn Sie bei allem auch von einer Chance sprechen. In den siebziger Jahren hat man die Traumaforschung viel zu wenig ernst genommen. Viele Patienten, die als Kinder sexuelle Übergriffe erlebt haben, sind ein Leben lang nicht mehr fähig, zu lieben. Pädosexuelle Täter waren häufig als Kinder selber Opfer, das ist eine traurige Tatsache. Liebesbedürfnisse sind eben das Produkt unserer Geschichte. Säuglinge erleben in liebenden Beziehungen zu ihren ersten Bezugspersonen paradiesische Glückszustände, nach denen wir uns ein Leben lang zurücksehnen. Leider gibt es auch die finsteren Erfahrungen. Inzest ist ein ganz dunkles Kapitel, denn die Opfer haben so viel Ohnmacht erlebt, dass sie das psychisch kaum verarbeiten können. Der einfachste Entlastungsmechanismus bei traumatischen Ohnmachtserfahrungen ist, passiv Erlittenes aktiv jemand anderem zuzufügen. Die Angst in den Augen des Opfers spiegelt die eigene frühere Angst. Ich bilde selber Lehrer aus und rede offensiv über dieses Thema. Wenn ein Student in seiner sexuellen Anziehung nicht sattelfest ist, er sich von Kindern angezogen fühlt, dann besteht im Lehrerberuf eine große Gefahr. Trotzdem ist es in der jetzigen Situation extrem wichtig, eine klare Grenze zwischen Tätern und Opfern zu ziehen.

DIE ZEIT: Wo bleibt bei alldem eigentlich der pädagogische Eros?
Leuzinger-Bohleber: Davon sollte man nicht mehr so leicht reden. Ein guter Lehrer mag seine Kinder, aber er vergisst die professionellen Grenzen nicht und sucht seine sexuelle Befriedigung in seiner Generation und nicht generationsübergreifend. Es darf nicht sein, dass Opfer noch als Verführer hingestellt werden. Das ist ganz hinterhältig, denn die Fantasien der Opfer gehen sowieso in diese Richtung.

DIE ZEIT: Wollen Sie dies auch auf die Entschuldigung von Hartmut von Hentig beziehen?
Leuzinger-Bohleber: Ich hätte weinen können, als ich das gelesen habe. Von Hentig war so ein großer Pädagoge, aber die latente Beschuldigung der Opfer als Täter geht nicht. Ein missbrauchtes Kind malt sich ohnehin aus, dass es nicht nur passives Opfer ist. Es glaubt, es habe zu dem schrecklichen Geschehen beigetragen. Das ist eine irrationale Quelle von furchtbaren Schuldgefühlen. Daher ist extrem wichtig, dass öffentlich klargestellt wird, wer Opfer und wer Täter, was Fantasie und was Realität ist.

DIE ZEIT: Ist es an der Zeit, den Zölibat abzuschaffen?
Zu Eltz: Bevor ich Priester wurde, habe ich Jura studiert. Ich hatte, wie man sagt, ein Vorleben. Ich konnte den Zölibat als das wahrnehmen, was er ist, nämlich ein Verzicht und keine Deprivation. Verzichten geht nur in Freiheit. Zölibat aus Liebe zu Gott ist ein Gang übers Hochseil mit wenig Netz darunter. Es ist gegen die Natur, es braucht alle Kräfte des Glaubens und tonnenweise Gnade. Das hat eher etwas mit der Herrlichkeit einer jenseitigen Welt zu tun als mit der Erfüllung im Jetzt.

DIE ZEIT: Was ist entlastender für den Menschen, die Beichte oder die Psychotherapie?
Leuzinger-Bohleber: Unsere Ziele sind unterschiedlich. Die Psychoanalyse will den Menschen befähigen, sich selbst zu verstehen und mit Traumata, Verletzungen und Konflikten zurechtzukommen. Das transzendentale Denken fehlt uns. Menschen mit einem theologischen Problem schicken wir deshalb zum Theologen. Diese Differenz sollte schon bestehen bleiben.
Zu Eltz: Ich bestätige das völlig. Es liegt an der grandiosen Schlichtheit der Beichte, dass hier etwas gelingt, was keinem Menschen möglich ist, nämlich Schuld zu vergeben. Menschen, die wirklich an Gott glauben, erfahren im Beichtsakrament ein Wunder, etwas, was vom Himmel auf die Erde gefallen ist, nicht von uns gemacht.
Leuzinger-Bohleber: Bei uns Therapeuten muss der Mensch selbst die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Wir können ihm nur unser professionelles Wissen zur Verfügung stellen, doch sein Leben anders zu gestalten, dies ist seine ganz persönliche Aufgabe und auch seine Freiheit. Dem Patienten zu helfen, die Symptome zu verstehen und sich nicht von ihnen bestimmen zu lassen, kann manchmal in wenigen Sitzungen erreicht werden, aber manchmal braucht es dazu auch viel Zeit. Das Entdecken des Sinns von psychischem Leiden ist oft zwar zuerst einmal ein schmerzhafter Prozess, doch lohnt er sich und vermittelt einen anderen Blick auf sich selbst, den anderen und die Chancen und Gefahren der Gesellschaft, in der wir leben.

DIE ZEIT: Bleibt das Problem der Beichte und der Absolution. Lässt sich schwere Schuld einfach durch Reden aus der Welt schaffen?
Zu Eltz: Man kann sich Lossprechung nicht abholen wie in einem Geschäft. Ohne Reue keine Vergebung. Ich habe die Absolution in Einzelfällen auch verweigert. Diese Vollmacht haben wir von Christus. Deshalb ist es so verheerend, wenn wir zu Missbrauchstätern werden: Dann ist es sozusagen Christus selber, der die Tat verübt hat. Das kann, nicht nur bei Kindern, das Gottesbild ruinieren und den Zugang zu Gott versperren.

Das Gespräch führten Evelyn Finger und Hanns-Bruno Kammertöns

Das Gespräch ist am 31. März 2010 in der ZEIT erschienen.

Marianne Leuzinger-Bohleber ist seit 2002 Geschäftsführende Direktorin des renommierten Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt am Main. Zudem ist sie Professorin für psychoanalytische Psychologie an der Universität Kassel. Über Freud sagt die gebürtige Schweizerin: "Seine Texte haben mich regelrecht elektrisiert. Er ist ein wunderbarer Poet."
Erst Jurist, dann Pfarrer: Johannes zu Eltz studierte zunächst Jura in Mainz. Danach wandte er sich dem Philosophie- und Theologiestudium in Frankfurt am Main und Rom zu. Zu Eltz, 1957 in Eltville im Rheingau geboren, wurde im Limburger Dom zum Priester geweiht. Im August wechselt er als Stadtdekan von Wiesbaden nach Frankfurt am Main. "Manchmal" sagt er über den Alltag als Seelsorger, "hetze ich von Besinnung zu Besinnung."